top of page

Entscheidung der Woche 15-2025 (SR)

Dilan Haviri

Einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB macht sich schuldig, wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Die Qualifikation setzt eine Beteiligung voraus, durch die sich die Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation für das Opfer erhöht.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: BGH 2 StR 44/24

Fundstelle: BeckRS 2024, 30175

HRRS 2024 Nr. 1508

 

A. Orientierungs - oder Leitsätze

1. Einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB macht sich schuldig, wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Die Qualifikation setzt eine betellgung voraus, durch die sich die Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation für das Opfer erhöht.

2. Für die Verwirklichung des Qualfkationsmerkmales wird Eigenhändigkeit nicht vorausgesetzt. Es reicht aus, wenn ein weiterer Beteiligter am Tatort anwesend ist und die Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise unterstützt, welche dazu beiträgt, die Lage des Opfers zu

verschlechtern.


B. Sachverhalt

Der Angeklagte und die beiden gesondert Verfolgten, D und L, beschlossen, gemeinsam einen Werttransporter mit Schusswaffen zu überfallen und bei Bedarf auch körperliche Gewalt anzuwenden.

Während die Fahrer des Transporters M und O Schmuckstücke und Luxusuhren in insgesamt elf Paketen aus dem Werttransporter in ein Lager umluden, näherten sich L und D ihnen. L und I waren gemäß ihres Tatplanes mit Sturmmasken maskiert und mit Handfeuerwaffen bewaffnet. Jedenfalls D hatte seine Handfeuerwaffe gezogen und führte - in Absprache mit L und dem Angeklagten - einen Teleskopschlagstock mit sich.

D richtete seine geladene Pistole aus etwa 50 cm Entfernung an den Kopf des O und befahl ihm, in den Transporter zu steigen. O kam der Aufforderung nach.

M sah wie sein Kollege überfallen wurde und äußerte seine Überraschung darüber, woraufhin L zu M lief und ihm einen Kinnhaken versetzte. M prallte daraufhin gegen die Fahrzeugsäule und verlor das Bewusstsein. Diese Gewaltanwendung war mit D und dem Angeklagten abgesprochen.

Der Angeklagte, der das Geschehen beobachtete und auf die Überwältigung der Fahrer gewartet hatte, fuhr nun rückwärts an dem Werttransporter heran. Nachdem die Wertsachen in das Fluchtfahrzeug umgeladen worden waren, flohen der Angeklagte, L und D vom Tatort.

Der Inhalt der erbeuteten Ware wurde tatplangemäß erheblich unter Wert an einen von L organisierten Hehler veräußert. Jedem der drei Komplizen verblieb ein Anteil von ca. 30.000 bis 40.000 €.


C. Anmerkungen

Der BGH befasst sich im vorhegenden Fall mit den Anforderungen

an die Verwirklichung des Qualifikationsmerkmales einen

gemeinscharthich begangenen korperverletzung gem. § 224 Abs. 1

Nr. 4 StGB.

Der Qualifikation als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs.

1 Nr. 4 StGB macht sich schuldig, wer die Körperverletzung mit einem anderen gemeinschaftlich begeht.

Die Voraussetzung der Gemeinschaftlichkeit setze eine Beteiligung

voraus, durch die sich die Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation für das Opfer erhöhe. Für die Verwirklichung des Oualifikationsmerkmales sei jedoch

keine Eigenhändigkeit erforderlich. Es reiche aus, dass ein weiterer Beteiligter am Tatort anwesend ist und die Körperverletzungshandlung des Täters unterstützt. Diese Unterstützung könne sowohl psychischer als auch physischer Form sein. Jedenfalls müsse die Unterstützung geeignet sein, die Lage des Tatopfers zu verschlechtern.

Die Unterstützung des Beteiligten sei regelmäßig dazu geeignet, die Lage des Tatopfers zu verschlechtern, wenn das Tatopfer durch die Anwesenheit mehrerer Personen auf der Täterseite in seinen Chancen beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverletzung zu entkommen, indem es ihm Gegenwehr leistet, ausweicht oder flüchtet.

Die Unterstützung sei allerdings nicht zur Lageverschlechterung geeignet, wenn die anderen Tatbeteiligten in einiger Entfernung zu dem Täter sind, sodass eine etwaige Unterstützungshandlung nicht festgestellt werden kann. Da der Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB eine gemeinschaftliche Begehungsweise voraussetze, lasse er es nicht genügen, dass eine solche Begehungsweise lediglich jederzeit möglich wäre Es fehle auch an der gemeinschaftlichen Begehung, wenn sich mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt fühlen.


D. In der Prüfung

§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB

I. Tatbestand

1. Grundlatbestand, § 223 StGB

a. Tatobjekt: gegen einen anderen Menscher

b. Tathandlung: körperliche Misshandlung und/oder

Gesundheitsschädigung

2. Qualifikationstatbestand: § 224 StGB

a. Nr. 4: mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich


E. Literaturhinweise

Kindhäuser, et. al. § 224 Rn. 23 ff.

BeckOK StGB, § 224 Rn. 37 ff.

MüKo StGB, § 224 Rn. 35 ff.


 


bottom of page