Entscheidung der Woche 04-2023 (ZR)
Julia Brandt
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Vermieter einer Autobatterie nach außerordentlicher Kündigung des Mietvertrags die Fernsperrung der Auflademöglichkeit erlaubt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als Verbraucher unwirksam, wenn...
Aktenzeichen und Fundstelle
Az.: BGH XII ZR 89/21
in: NJW 2022, 3575
NZM 2023, 41
A. Leitsatz
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem Vermieter einer Autobatterie nach außerordentlicher Kündigung des Mietvertrags die Fernsperrung der Auflademöglichkeit erlaubt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters als Verbraucher unwirksam, wenn dieser die Weiterbenutzung der Batterie und seines – gesondert erworbenen, geleasten oder gemieteten – E-Fahrzeugs im Streitfall nur durch gerichtliche Geltendmachung einer weiteren Gebrauchsüberlassung erreichen kann. Denn die gesetzliche Risikoverteilung in der Miete ist davon gekennzeichnet, dass der Vermieter infolge Überlassung der Mietsache grundsätzlich das Risiko einer nach Vertragsbeendigung fortgesetzten (Ab-)Nutzung trägt, wogegen er sich, wie verkehrsüblich, durch Vereinbarung einer Mietsicherheit wappnen kann, ebenso wie ihm nach § 546a BGB ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zusteht.
B. Sachverhalt
Der Kläger (K) begehrt gegenüber der Beklagten (B), die Unterlassung der Verwendung von AGB-Klauseln bei Vermietung von Batterien für Elektrofahrzeuge. Die B verwendet bei der Vermietung von Batterien für von ihren Kunden gekaufte oder geleaste Elektrofahrzeuge Allgemeine Batterie-Mietbedingungen. Darin ist u.a festgelegt, dass der B als Vermieterin im Fall der außerordentlichen Vertragsbeendigung, die Speere der Auflademöglichkeit der Batterie erlaubt wird. K wendet sich gegen die Verwendung der AGB mit der Behauptung, diese sei aufgrund einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam.
C. Anmerkung
Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der AGB könnte sich aus § 1 UKlaG ergeben. Dafür müsste die B eine ABG verwenden, die nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam ist. Eine Unwirksamkeit nach den §§ 309, 308 BGB ist nicht ersichtlich, weshalb eine Unwirksamkeit nach § 307 I, II BGB in Betracht kommt. Gemäß § 307 I 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gemäß § 307 II Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Dabei ist nicht nur auf das gesetzliche Leitbild des konkreten Vertrags abzustellen, sondern auch andere Regelungen und Positionen der Vertragspartner zu berücksichtigen.
Die Anwendung der AGB könnte verbotene Eigenmacht gem. § 858 darstellen und Besitzschutzansprüche der Mieter gem. §§ 861, 862 auslösen. Letztlich kommt es auf die Fragestellung genauso wenig an, wie auf die Frage ob die Besitzschutzansprüche bei etwaigem Mitbesitz der B überhaupt Anwendung finden können. Denn die streitgegenständliche Klausel stellt auch ohne Rücksicht auf einen etwaigen Besitzschutz eine einseitige Vertragsgestaltung dar, mit der die B missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten der Mieter durchzusetzen versucht, ohne deren Interessen angemessen zu berücksichtigen. Durch die allein in der Hand des Vermieters liegende Sperrmöglichkeit wird die weitere Nutzungslast komplett auf den Mieter abgewälzt. Dem Mieter ist die Weiternutzung der Batterie nur mithilfe gerichtlicher Geltendmachung möglich, was für eine unangemessene Benachteiligung spricht.
Hinzu kommt, dass dem Mieter dadurch die Nutzung des ganzen Autos unmöglich gemacht wird, da die Batterie herstellergebunden mit dem Fahrzeug verknüpft ist und er sich keine Ersatzbatterie suchen kann. Zwar ist dem Vermieter ein Interesse an der Unterbindung der Weiternutzung nach Vertragsende zuzugestehen. Jedoch hat auch der Mieter ein Interesse an der Sicherung der weiteren Vertragserfüllung, welches insbesondere dann relevant wird, wenn die Wirksamkeit der Kündigung streitig ist. Gesetzlich trägt daher der Vermieter das Risiko der Abnutzung bei Verwendung der Mietsache nach Vertragsende. Dafür steht dem Vermieter neben vertraglichen Abreden ein Nutzungsentschädigungsanspruch aus § 546 a BGB zu. Der derart weitreichende Eingriff in die Privatsphäre des Mieters können die berechtigten Interessen des Vermieters nicht rechtfertigen. Die Risikoverteilung komplett auf den Mieter zu verlagern und und ihm damit auch noch zusätzliche Rechtsverfolgungskosten bei einer streitigen Kündigung entgegen des gesetzlichen Leitbildes anzulasten, ist unangemessen und benachteiligt den Mieter unzumutbar. Die Klausel verstößt damit gegen § 307 I, II BGB und ist damit unwirksam. Daher besteht auch ein Anspruch des K auf Unterlassung der Verwendung der Klausel aus § 1 UklaG gegen B.
D. In der Prüfung
§ 1 UKlaG
I. Verwendung von AGB
II. Unwirksamkeit nach §§ 307-309 BGB (P)
E. Literaturhinweise
Wurmnest in: MüKO BGB, 9. Auflage 2022, § 307 Rn. 25-88.