Entscheidung der Woche 05-2024 (ZR)

Shabnam Suleymanli
Ein Vertrag über die individuelle Planung, Erstellung und den Einbau einer hochwertigen Einbauküche kann als gemischter Vertrag mit bauvertraglichem Schwerpunkt einzuordnen sein.
Aktenzeichen und Fundstelle
Az.: OLG Zweibrücken, Hinweisbeschl. v. 25.06.2024 - 5 U 38/23
Fundstelle: BecksRS 2024, 23100
A. Orientierungs - oder Leitsätze
1. Ein Vertrag über die individuelle Planung, Erstellung und den Einbau einer hochwertigen Einbauküche kann als gemischter Vertrag mit bauvertraglichem Schwerpunkt einzuordnen sein.
2. Eine ,,Skonto-Klausel" in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Küchenstudios, die einen Preisabzug von ca. 20 % von der Zahlung der Vergütung ,,bis zum Tage der Lieferung und Rechnungsstellung" abhängig macht, ist unwirksam. Der Kunde schuldet infolgedessen von vornherein nur den reduzierten Preis.
B. Sachverhalt
Die Klägerin (K) betreibt ein Küchenstudio, während die Beklagte (B) Bauherrin eines Einfamilienhauses ist. Am 20.02.2018 schlossen die Parteien einen Vertrag über die Planung, Lieferung und Montage einer hochwertigen Einbauküche. Der Vertrag umfasste neben der Lieferung auch die Beratung, Planung und Anpassung der Küche an die besonderen baulichen Anforderungen des von B errichteten Hauses. Insb. wurde eine individuelle Gestaltung vereinbart, die auf die Maße und den Stil des Hauses abgestimmt sein sollte. Der Gesamtpreis betrug 18.000 €. Im Vertrag war zudem eine sog. ,,Skonto-Klausel" enthalten: Sofern B den gesamten Rechnungsbetrag bis zum 20.03.2018 vollständig beglich, sollte sich der Kaufpreis auf einen Sonderpreis von 15.000 € reduzieren. Bei Nichtzahlung bis zu diesem Datum solle hingegen der volle Betrag fällig bleiben. B zahlte zunächst 3.000 €, beglich jedoch den Restbetrag nicht innerhalb der vereinbarten Skonto-Frist. Erst nach Ablauf der Frist überwies sie den verbleibenden Betrag, zahlte jedoch insgesamt nur den Sonderpreis von 15.000 €. Die Klägerin fordert deshalb die Zahlung der ausstehenden 3.000 €.
C. Anmerkungen
Das OLG Zweibrücken prüfte zunächst, wie der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag rechtlich zu qualifizieren ist. Im Mittelpunkt stand dabei die Abgrenzung zwischen einem Kaufvertrag nach § 433 BGB und einem Werkvertrag nach § 631 BGB. Entscheidend ist hierbei, ob der Schwerpunkt des Vertrages in der bloßen Lieferung von standardisierten Möbelstücken oder in der individuellen Planung, Anpassung und Montage der Küche liegt. Das OLG stellte fest, dass die Leistungen der K weit über eine reine Lieferung hinausgingen. Neben der Lieferung umfasste der Vertrag umfassende Beratungsleistungen, eine detaillierte Planung und die passgenaue Anpassung der Küche an die baulichen Gegebenheiten des Hauses der Beklagten. Die Küche wurde somit speziell nach den Wünschen und Bedürfnissen der B geplant und montiert, was den Charakter des Vertrages prägte. Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass die individuell zugeschnittenen Leistungen der K den Schwerpunkt des Vertrages bildeten, sodass dieser insgesamt als Werkvertrag in Form eines Bauvertrags i.S.v. § 650a BGB zu qualifizieren war.
Im Anschluss befasste sich das Gericht mit der sog. ,,Skonto-Klausel" und der Frage, ob die B berechtigt war, den Sonderpreis von 15.000 € in Anspruch zu nehmen, obwohl sie die Zahlung nicht innerhalb der vertraglich festgelegten Frist geleistet hatte. Das OLG prüfte die Anwendbarkeit der Vorschriften über AGB (§§ 305 ff. BGB) und kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Klausel um vorformulierte Vertragsbedingungen handelt, die von der K als Unternehmerin gestellt wurden. Da die B als Verbraucherin auftrat und die Klausel ohne Verhandlungen in den Vertrag einbezogen wurde, unterlag diese der Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB. Im Rahmen der Inhaltskontrolle stellte das Gericht fest, dass die ,,Skonto-Klausel" in mehrfacher Hinsicht gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt. Nach § 309 Nr. 2 lit. b BGB darf eine Klausel dem Kunden keine unangemessenen Einschränkungen bzgl. seines Zurückbehaltungsrechts oder seiner Möglichkeit zur Mängelrüge auferlegen. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Klausel gegen dieses Verbot verstößt, da sie den Kunden faktisch zwingt, auf Mängelrechte zu verzichten, um den vereinbarten Preisnachlass zu erhalten. Dies stellt eine unzulässige Druckausübung dar, die das Zurückbehaltungsrecht des Kunden unangemessen einschränkt.
Zudem sah das Gericht in der Klausel einen Verstoß gegen § 308 Nr. 6 BGB. Nach dieser Vorschrift ist eine Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie dem Kunden eine unangemessene Gefahr auf bürdet, durch unklare Fristen oder Formulierungen eine Vertragsstrafe oder einen höheren Preis zu zahlen. Das OLG stellte fest, dass die Klausel keine hinreichend klaren Regelungen zur Fälligkeit der Zahlung enthält und dadurch das Risiko einer unberechtigten Forderung erhöht. Infolge dieser Verstöße erklärte das Gericht die ,,Skonto-Klausel" für unwirksam. Gemäß § 306 Abs. 1 BGB bleibt der übrige Vertrag jedoch wirksam, und es gilt der vereinbarte Gesamtpreis ohne Abzug der unwirksamen ,,Skonto Regelung". Da die B diesen Betrag bereits vollständig entrichtet hatte, war der Zahlungsanspruch der K gem. § 362 Abs. 1 BGB vollständig erfüllt.
D. In der Prüfung
I. Abgrenzung von § 433 BGB und § 631 BGB
II. Wirksamkeit von AGB
1. Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB
2. Vorliegen von AGB, § 305 Abs. 1 BGB
3. Einbeziehung in den Vertrag, § 305 Abs. 2, 3 BGB
4. Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 i.V.m. § 310 Abs. 4 S. 3 BGB