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Entscheidung der Woche 09-2025 (SR)

Clara Kittelmann

Als Anstifter macht sich gem. § 26 StGB strafbar, wer einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt und dabei die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter und das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az: BGH 1 StR 463/23

in:NStZ 2025, 29

 

A. Orientierungs- oder Leitsätze

1. Als Anstifter macht sich gem. § 26 StGB strafbar, wer einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt und dabei die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter und das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Anstifter kann auch sein, wer kein ideelles oder materielles Interesse am Taterfolg hat. Auf seine Motivation kommt es grundsätzlich nicht an.

2. Die Anstiftung zur Anstiftung wird als Anstiftung zur Haupttat bestraft.


B. Sachverhalt

Der Angeklagte S belieferte als angestellter Kurierdienstfahrer den Geschädigten Ac, den Inhaber einer Kfz-Werkstatt, mit Fahrzeugutensilien. Aus dieser Tätigkeit war ihm bekannt, dass der Ac den Rechnungsbetrag bei Anlieferung der Ware stets in Bar bezahlte und zu diesem Zwecke eine größere Menge Bargeld vorhielt. Kurz vor dem. 29. März 2022 informierte der Angeklagte S den Angeklagten A über diese Umstände. Dabei war ihm bewusst, dass der A diesen Hinweis an zwei ihm unbekannte Personen weitergeben würde, und nahm - ebenso wie der Angeklagte A - billigend in Kauf, dass diese die Informationen nutzen würden, um sich das Bargeld des Ac unter Anwendung von Gewalt widerrechtlich zu verschaffen. Weder S noch A hatten ein eigenes Interesse am Erfolg der Tat.

Nach Erhalt des Hinweises durch A beschlossen die Mitangeklagten D und G, dem Geschädigten Ac das mitgeführte Bargeld unter Drohung mit einer Schreckschusswaffe und einem Messer zu entwenden. Da die beiden selber über kein Fahrzeug verfügten, wandten sie sich an den Angeklagten A, der wiederum die Mitangeklagte T dazu bewegen konnte, D und G am 29. März 2022 bei der Flucht aus der Werkstatt des Ac zu helfen. Spätestens als diese sich am Tattag im Fahrzeug maskierten, wurde dem A bewusst, dass D und G bewaffnet waren. In spontaner Erweiterung des Tatplans, forderten D und G neben dem Geschädigten Ac auch den Geschädigten Ak mit vorgehaltener Waffe und unter Bedrohung mit dem Messer zur Herausgabe des Bargelds auf, was jedoch erfolglos blieb. Der Angeklagte A beobachtete das Geschehen von einem Gebüsch aus. Der Angeklagte S befand sich zur Tatzeit zufällig am Tatort und war trotz seines Hinweises an A schockiert von dem Überfall. Als D und G erkannten, dass sie ihr Ziel allein durch Drohung mit der Pistole und dem Messer nicht erreichen würden, flohen sie unverrichteter Dinge vom Tatort.


C. Anmerkungen

In dem vorliegenden Urteil befasst sich der BGH anhand eines Falles der sog. Kettenanstiftung im Kontext der versuchten räuberischen Erpressung mit den Voraussetzungen der Anstiftung und dem Verhältnis von Anstiftung und Beihilfe.

Erforderlich für die Verwirklichung der Anstiftung gem. § 26 StGB sei das vorsätzliche Bestimmen eines anderen zu einer vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat. Auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes setze § 26 StGB voraus, dass der Anstifter die vorsätzliche Begehung der Haupttat durch den Haupttäter als auch das Hervorrufen des Tatentschlusses des Haupttäters durch ihn selbst (sog. doppelter Anstiftervorsatz) zumindest für möglich hält (kognitives Element) und billigend in Kauf nimmt (voluntatives Element).

Indem der S den Hinweis über die anstehende Anlieferung und deren Umstände gab, habe der Kurierdienstfahrer den A zumindest bedingt vorsätzlich dazu veranlasst, seinerseits in den Mitangeklagten D und G den Tatentschluss zu wecken. Sowohl S als auch A wussten dabei um die wesentlichen Einzelheiten der Haupttat und nahmen diese billigend in Kauf. Ferner stehe der Strafbarkeit wegen Anstiftung nicht entgegen, dass weder S noch A ein persönliches Interesse am Taterfolg hatten. Insoweit sei grundsätzlich jedes Hervorrufen des Tatentschlusses als Anstiftung zur Haupttat zu werten. Eine Anstiftung zur Anstiftung (sog. Kettenanstiftung), wie im vorliegenden Fall, werde stets als Anstiftung zur Hautptat bestraft. Unerheblich sei dabei, dass S die Haupttäter nicht kannte und es dem A überlassen war, diese auszuwählen.

Weiter bestehe auch kein Grund, an der Kausalität der jeweiligen Anstifterhandlungen zu zweifeln, da A wie auch D und G ihren konkreten Tatentschluss jeweils erst nach Erhalt des Hinweises fassten. Eine "allgemeine Tatbereitschaft" der Haupttäter stehe - anders als bei einem zu einer konkreten Tat fest Entschlossenen - einer Anstiftung durch einen "Tippgeber" nicht entgegen. Ferner stellte der BGH heraus, dass eine etwaige zugleich verwirklichte Beihilfe zur versuchten räuberischen Erpressung durch als weniger schwere Beteiligungsform grundsätzlich hinter der Anstiftung als subsidiär zurücktritt, sofern sich die Beteiligungsformen auf dieselbe Haupttat beziehen, was vorliegend der Fall war. Gleiches gelte für eine unterlassene Hilfeleistung.


D. In der Prüfung

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) Taterfolg: Vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat

b) Tathandlung: Bestimmen i.S.d. § 26 StGB

c) Kausalität

2. Subjektiver Tatbestand


E. Literaturhinweisw

Rengier, Strafrecht Allgemeiner Teil, 14. Auflage 2022, § 46 Rn 23 ff., 75f., 128.

 



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