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Entscheidung der Woche 21-2024 (ZR)

Julia Brandt

Der Reiseveranstalter kann keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: AG Hannover 502 C 12946/20

Fundstelle: BeckRS 2021, 7683

 

A. Orientierungs - oder Leitsätze

1. Der Reiseveranstalter kann keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen.

2. Maßgeblich dabei ist, dass zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung infolge der Corona-Pandemie eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für das Reiseziel Bestand hatte.


B. Sachverhalt

Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Hurghada in der Zeit vom 25.12.2020 bis zum 08.01.2021 für 2060,00€. Vereinbarungsgemäß leistete er eine Anzahlung in Höhe von 515,00€. Das Auswärtige Amt veröffentlichte nach der Buchung eine weltweite Reisewarnung, in der vor nicht notwendigen, touristischen Reisen abgeraten wurde. Mit Schreiben vom 15.09.2020 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag unter Berufung auf die durch die Corona-Pandemie veranlassten außergewöhnlichen Umstände. Daraufhin erteilte die Beklagte dem Kläger eine Stornorechnung über 824€ unter Berufung auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Der Kläger begehrt nun die Rückzahlung seiner Anzahlung sowie die Zurückweisung der Gegenforderung auf Zahlung von Stornokosten.


C. Anmerkungen

Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 515€ gem. § 651 h Abs. 5 BGB. Der Kläger ist vor Reisebeginn von dem Vertrag zurückgetreten, so dass die Beklagte als Reiseveranstalterin keinen Anspruch mehr auf den Reisepreis hat.

Die Beklagte hat aber keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung einer pauschalen Entschädigung aus § 651 h Abs. 1 S. 3, Abs. 2 BGB in Verbindung mit der in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegten Stornoklausel.

Nach § 651h Abs. 3 BGB kann die Reiseveranstalterin nämlich dann keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Dazu kommt es darauf an, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung eine nicht nur unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass die Reise aufgrund der Covid-19-Pandemie erheblich beeinträchtigt werden würde. Davon konnte hier ausgegangen werden. Aufgrund der Reisewarnung des Auswärtigen Amtes war mit behördlichen Anordnungen wie einem Einreiseverbot auf eines Verbotes auf Betrieb von Hotels zu rechnen. Es war auch damit zu rechnen, dass die Bewegungsfreiheit der Reisenden vor Ort durch behördliche Auflagen und Weisungen derart eingeschränkt werden könnte, dass der Erholungszweck der Reise vereitelt worden wäre.

Ebenso war diese Gefahr aufgrund einer Vielzahl an Expertenmeinungen auch Wahrscheinlich, da die Ausbreitung übereinstimmend hervorgesagt wurde. Des Weiteren stellen diese Pandemie Folgen kein allgemeines Lebensrisiko dar, vielmehr geht der Reisemangel auf die durch die Pandemie ausgelösten behördlichen Restriktionen zurück. Dadurch eignet sich die Reise dann nicht mehr für den Zweck der Erholung.


D. In der Prüfung

A. § 651h Abs. 5 BGB

B. § 651h Abs. 1, 2 BGB

I. Rücktritt vor Vertragsbeginn

II. Ausschluss gem. § 651h Abs. 3 BGB

(P) Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände


E. Literaturhinweise

Sprau in Grüneberg, 80. Auflage, 651h Rn. 13a.

 
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