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Entscheidung der Woche 27-2024 (ZR)

Dean Weigel

Ein handschriftlich errichtetes Testament ist unwirksam, wenn die „Unterschrift" die Verfügung nicht räumlich abschließt, sondern sich in der Mitte des Testaments befindet und die Person des Erben erst darunter genannt wird.

Aktenzeichen und Fundstelle

Az.: OLG München, Beschluss vom 25.8.2023 - 33 Wx 119/23

Fundstelle: NJW 2023, 3801; FamRZ 2024, 229; MDR 2024, 115

 

A. Leitsatz

Ein handschriftlich errichtetes Testament ist unwirksam, wenn die „Unterschrift" die Verfügung nicht räumlich abschließt, sondern sich in der Mitte des Testaments befindet und die Person des Erben erst darunter genannt wird (im Anschluss an BayObLG NJW 1975, 314).


B. Sachverhalt

Der Neffe der geschiedenen und kinderlosen Erblasserin beantragte beim zuständigen Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweist. Der Neffe legte dabei folgende Verfügung vor:


„10.3.2022

Testament!

Ich (...) (=Name der Erblasserin)

Vermache alles was ich habe.

Mein Sparbuch-Konto Raifeisenbank (...)

Versicherung bei der ZüricherVersicherung (...) - (...)

(„Unterschrift" der Erblasserin)

An Herrn (...) (=Neffe)

(...) (Anschrift)"


Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Der Neffe legte Beschwerde dagegen ein. Im Rahmen dessen führte er an, dass die Unterschrift, auch wenn sie in der Mitte des Testaments stehe, ausnahmsweise wirksam sei. Ferner wandte er ein, dass das Testament gut sichtbar in einem mit „Testament" beschrifteten Umschlag platziert wurde und dass die Erblasserin gegenüber Freunden und Verwandten erklärt habe, ihren Neffen zum Alleinerben einsetzen zu wollen.

Die Beschwerde war erfolglos.


C. Anmerkungen

Der BGH teilt die Auffassung des Nachlassgerichts, dass das Testament vom 10.3.2022 formunwirksam ist, sodass der Antrag des Neffen auf Erbscheinserteilung zurückzuweisen ist.

Um der Formvorschrift des § 2247 Abs. 1 BGB zu genügen, muss ein eigenhändiges Testament durch eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichtet werden. Ein Verstoß führt gem. § 125 BGB die Nichtigkeit des Testamentes herbei.

Mit den erbrechtlichen Formerfordernissen verfolgte der Gesetzgeber weitergehende Zwecke. Im Mittelpunkt steht hierbei die Gewährleistung von Rechtssicherheit und privatem Rechtsfrieden. Der Erblasser soll sich im Klaren darüber sein, welchen Inhalt seine letztwillige Verfügung haben soll und dadurch vor übereilten und unüberlegten Verfügungen geschützt werden. Ferner bietet das Formerfordernis eine erhöhte Sicherheit vor Fälschungen und dient der Beweisbarkeit im Streitfall.

Die Unterschrift des Testaments hat grds. am Ende des Textes zu stehen und muss den Text somit räumlich abschließen. Dies dient dem Schutz vor nachträglichen Ergänzungen und Zusätzen. Abgesichert werden muss zumindest der Mindestinhalt eines Testaments. Räumlich von der Unterschrift nicht erfasste Zusätze müssen daher grds. gesondert unterschrieben werden. Sofern jedoch die Auslegung des Testaments ergibt, dass diese Zusätze nach dem Willen des Erblassers von der vorhandenen Unterschrift umfasst sein sollen, werden diese schon von der sich bereits auf dem Testament befindlichen Unterschrift gedeckt. Dies kann zB bei einem sonst lückenhaften, unvollständigen oder undurchführbaren Testament der Fall sein. Diese Grundsätze können jedoch dann keine Anwendung finden, wenn der räumlich auf die Unterschrift folgende Zusatz seinem Wesen und Inhalt nach den Charakter und die Bedeutung einer eigenständigen, ersten letztwilligen Verfügung hat.

Auf Grund dessen ist das Testament vom 10.3.2022 formunwirksam. Zwar ist der räumlich von der Unterschrift erfasste Teil des Testaments mangels Bestimmung des Erben lückenhaft, jedoch handelt es sich dabei nicht um eine unvollständige Verfügung, es liegt vielmehr überhaupt keine Verfügung, sondern eine bloße Beschreibung des Nachlasses vor. Hierbei kommt nicht zum Ausdruck, dass die Erblasserin sich beim Verfassen und Unterschreiben des ersten, räumlich von der Unterschrift gedeckten Textteils über die Person, die sie testamentarisch zum Erben einsetzen wollte im Klaren war. Die ratio des § 2247 BGB ist damit gerade nicht erfüllt. Der Zusatz kommt mithin einer erstmaligen Verfügung gleich und hätte nach den oben dargestellten Grundsätzen zwingend einer gesonderten Unterschrift bedurft, um den erbrechtlichen Formzwecken zu genügen.

Weder der Umstand, dass sich das Tetament in einem mit „Testament" beschrifteten Umschlag befand - dabei handelt es sich schließlich nicht um eine Unterschrift - noch die Willensäußerungen der Erblasserin, ihren Neffen zum Alleinerben einsetzen zu wollen, können über die Formunwirksamkeit nach § 2247 Abs. 1 BGB hinweghelfen.


D. In der Prüfung

Anspruch auf Erbscheinserteilung nach § 2353 BGB

I. Verfahrensvoraussetzungen

II. Erbenstellung

P: Wirksamkeit des Testaments


E. Literaturhinweise

Zimmermann, Erbrecht - Ein Examenscrashkurs (Teil 2), JURA 2018, 1085 f.

S. Kappler/T. Kappler in: Erman BGB, 17. Aufl. 2023, § 2247 Rn. 4 ff.

Siehe ferner zu einem Ausnahmefall OLG Celle NJW 1996, 2938.

 
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