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Entscheidung der Woche 37-2023 (ZR)

Lukas Müller

Durch eine dem Haftungsausschluss nachgestellte Formulierung im Kaufvertrag, dass ein Pferd nur freizeitmäßig geritten wurde und es keine Dressur bzw. Springausbildung hat, wurde nicht die Beschaffenheit des Pferdes als "Freizeitpferd" vereinbart.

Aktenzeichen & Fundstelle

Az.: OLG Oldenburg, Urteil vom 16.08.2023 - 4 U 72/22

in: openJur 2023, 8766

 

A. Orientierungs- oder Leitsätze

1. Durch eine dem Haftungsausschluss nachgestellte Formulierung im Kaufvertrag, dass ein Pferd nur freizeitmäßig geritten wurde und es keine Dressur bzw. Springausbildung hat, wurde nicht die Beschaffenheit des Pferdes als "Freizeitpferd" vereinbart.

2. Außerdem liegt auch kein Mangel der Eignung des Pferdes für die gewöhnliche Verwendung vor, da ein solcher nur gegeben wäre, wenn die frühere Rennbeteiligung zu mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zukünftig eingetretenen körperlichen Beeinträchtigungen des Pferdes, welche die Eignung als Freizeitpferd beeinträchtigen, geführt hätte.

B. Sachverhalt

Verkäufer V und Käufer K schlossen einen Kaufvertrag über ein Pferd i.H.v. 4.300 €, in diesem haben sie als Beschaffenheitsvereinbarung geregelt: "Die Parteien sind sich einig, dass aus folgenden Besonderheiten/Eigenheiten des Pferdes keine Haftung des Verkäufers hergeleitet werden kann (...)". Dort ist handschriftlich ergänzt: "Das Pferd wurde nur freizeitmäßig geritten. Es hat keine Dressur bzw. Springausbildung." Nun findet K heraus, dass das Pferd in Wahrheit früher als Rennpferd eingesetzt wurde und an zahlreichen Pferderennen teilgenommen hat. K behauptet, es handele sich hierbei um einen Mangel, da der Einsatz von Pferden bei Pferderennen zu einem höheren Verschleiß führe, als der bloße Einsatz als Freizeitpferd, wodurch das Risiko von frühzeitigen Verletzungen und Ausfällen stiege. Daraufhin erklärt K gegenüber V den Rücktritt vom Kaufvertrag sowie hilfsweise dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und verlangt die Erstattung des Kaufpreises sowie von Tierarztkosten, den Kosten für Medikamente und des Kaufpreises des mit dem Pferd erworbenen Sattels.

C. Anmerkungen

Der Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB ist zustande gekommen. Das Pferd wurde übergeben, damit finden die §§ 434 ff. BGB Anwendung. Das Pferd ist keine Sache, wird jedoch gem. § 90a BGB wie eine behandelt.

Zum einen könnte ein Sachmangel in dem Sinne vorliegen, dass das Pferd gem. § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Die von K in Bezug genommene Formulierung, die belegen soll, dass sich die Parteien auf ein Pferd geeinigt haben, welches lediglich als Freizeitpferd eingesetzt wurde, findet sich unter der Vertragsklausel, welche die Haftung des Verkäufers insoweit beschränken soll, als der Käufer aus den dort genannten Beschaffenheitsmerkmalen gerade keine Gewährleistungsansprüche herleiten können soll. Daher erscheint es nicht naheliegend, dass die Parteien übereinstimmend gerade an dieser Stelle im Vertrag eine vereinbarte Beschaffenheit, aus der der K Gewährleistungsansprüche herleiten kann, dokumentieren wollten. Damit entspricht das Pferd der vereinbarten Beschaffenheit.

Zum anderen könnte das Pferd der objektiven Anforderungen nicht entsprechen, sofern es sich gem. § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Ein solcher Mangel wäre gegeben, wenn die frühere Rennbeteiligung – zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs – mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu zukünftig eingetretenen körperlichen Beeinträchtigungen Pferdes, welche die Eignung als Freizeitpferd beeinträchtigen, geführt hätte. Derartiges lässt sich laut der Gutachten von Sachverständigen jedoch nicht auf die Beteiligung an Pferderennen zurückführen.

Der Verkäufer eines Tieres hat nämlich nach ständiger höchstrichtlerlicher Rechtsprechung, sofern keine andere Vereinbarung besteht, lediglich dafür einzustehen, dass es bei Gefahrenübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es in naher Zukunft erkranken wird und infolgedessen für die gewöhnliche oder vertraglich vorausgesetzte Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre.

Damit sind der Mangel und folglich der Anspruch des K auf Rückabwicklung sowie die weiter geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz zu verneinen.

D. In der Prüfung

§§ 346 Abs. 1 Alt. 2, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 Alt. 2 BGB

I. Vertragsschluss

II. Rückgewähr i.R.v. Rücktritt, § 346 Abs. 1 Alt. 2 BGB

1. Rücktrittsrecht

a) Gegenseitiger Vertrag

b) Schlechtleistung: Mangel bei Gefahrenübergang, § 434 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB

2. Zwischenergebnis

III. Ergebnis

E. Literaturhinweise

BGH, Urt. v. 27.05.2020, VIII ZR 315/318, NJW 2020, 2879;

Staudinger/Matusche-Beckmann (2023), § 434 Rn. 318.

 
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