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Entscheidung der Woche 50-2024 (ÖR)

Hendrik Stottmann

Die Rechtswidrigkeit eines unbefristeten Hausverbots führt dann nicht zu einer Verletzung des Betroffenen in seinen Rechten, wenn das Hausverbot nachträglich beanstandungsfrei befristet wird und der davor liegende zu beanstandende Rechtswidrigkeitszeitraum in den Zeitraum der nachträglichen Befristung fällt.

Aktenzeichen und Fundstelle Az: VG Gelsenkirchen, Urt. v. 17.07.2024 - 15 K 1173/24

Fundstelle: https://openjur.de/u/2491863.html

 

A. Orientierungs - oder Leitsätze

1. Die Rechtswidrigkeit eines unbefristeten Hausverbots führt dann nicht zu einer Verletzung des Betroffenen in seinen Rechten, wenn das Hausverbot nachträglich beanstandungsfrei befristet wird und der davor liegende zu beanstandende Rechtswidrigkeitszeitraum in den Zeitraum der nachträglichen Befristung fällt.

2. Die Ankündigung, jemandem "eine zu klatschen" enthält gegenüber dem Erklärungsempfänger die Androhung einer

"Backpfeife" oder "Ohrfeige". Dies muss ein Hoheitsträger im Hinblick auf seine Beschäftigten nicht hinnehmen, selbst wenn derjenige, der dies ankündigt, nach seinen Wertungsmaßstäben meint, niemanden bedroht zu haben.


B. Sachverhalt

Der Kläger wendet sich gegen ein ihm gegenüber für alle Dienstgebäude des Sozialamtes der Beklagten angeordnetes Hausverbot vom 28. Februar 2024, das die Beklagte durch Schriftsatz vom 20. März 2024 auf einen Zeitraum von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheides vom 28. Februar 2024 befristet hat.

Am 16. Februar 2024 suchte der Kläger ohne Termin das städtische Sozialamt auf. Er bezeichnete die ihm zur Verfügung gestellte Wohnung als "Schrott" und forderte die sofortige Auszahlung von Geld, lehnte einen Lebensmittelgutschein aber ab. Unter Verweis auf das Hausrecht aufgefordert, das Gebäude zu verlassen, reagierte der Kläger aggressiv und drohte einer Mitarbeiterin der Stadt, die vor ihm die Bürotüre schloss: "Mach das noch einmal, dann klatsche ich dir eine".

Mit Bescheid vom 28. Februar 2024 erlässt die Stadt mit Verweis auf den Vorfall vom 16. Februar 2024, der sich zu wiederholen droht, ein sofortiges, unbefristetes Hausverbot für die Diensträume des Sozialamtes gegen den Kläger. Daraufhin erhebt dieser am 14.

März 2024 beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage gegen das Hausverbot. Die Beklagte hat das Hausverbot mit ergänzendem Bescheid vom 20. März 2024 auf zwölf Monate ab Zustellung des Bescheids vom 28. Februar 2024 befristet. Mit Bescheid vom 4.

Dezember 2017 wurde dem Kläger bereits ein sechsmonatiges Hausverbot erteilt, nachdem er einem Mitarbeiter des Sozialamtes am 20. November 2017 mittelte, ihm werde etwas geschenen, wofür der Kläger "zehn Jahre in den Knast" gehe.


C. Anmerkungen

Die im Wege objektiver Klagehäufung gem. § 44 VwGO gestellte Klage teilt sich auf in eine Anfechtungsklage gem. § 42 I Alt. 1 VwGO und eine Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 I 4 VwGO. Die Anfechtungsklage richtet sich gegen das auf zwölf Monate befristete Hausverbot des Klägers mit Geltungsbeginn ab Zustellung des Bescheids vom 28. Februar 2024. Die Fortsetzungsfeststellungsklage richtet sich gegen den in zeitlicher Hinsicht erledigten Bescheid vom 28. Februar 2024 in Form des unbefristeten Hausverbots, das mit Bescheid vom 20. März 2024 durch das befristete Hausverbot ersetzt wurde. Die Klage ist zulässig. Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Das befristete Hausverbot ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Als Rechtsgrundlage greift die Sachkompetenz der Beklagten zur Erfüllung der ihr übertragenen Verwaltungsaufgaben. Die Anhörung wurde gem. §§ 28, 45 1 Nr. 3.

Il VwVfG nachgeholt. Der materielle Tatbestand des Hausverbots ist erfüllt, Ermessensfehler liegen nicht vor. Dem Kläger bleibt trotz Hausverbots immer noch die Möglichkeit, fernmündlich das Sozialamt zu kontaktieren. Die für ihn notwendigen Sozialleistung werden ihm also nicht vorenthalten.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich des unbefristeten Hausverbots is

ebenfalls unbegründet. Zwar war die Regelungswirkung des Hausverbots vom Zeitpunkt seiner Bekanntgabe durch Zustellung an den Kläger bis zur Befristung durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. März 2024 auf einen Zeitraum von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheides vom 28. Februar 2024, rechtswidrig, weil die Anordnung mit unbefristetem Geltungszeitraum weder erforderlich noch angemessen war. Allerdings hat dieser Rechtmäßigkeitsmangel den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

Die das Übermaßverbot verletzende fehlende Befristung des Hausverbots wirkte sich in dem maßgeblichen Zeitraum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Fortsetzungsfeststellungsklage ab Zustellung des Hausverbots bis zum 20. März 2024 nicht aus.


D. In der Prüfung

A. Zulässigkeit

Anfechtungsklage gegen befristetes Hausverbot

Fortsetzungsfeststellungsklage gegen unbefristetes Hausverbot

  1. Objektive Klagehäufung, § 14 VwGO

  2. Begründetheit

1. Begründetheit der Anfechtungsklage

II. Begründetheit der FFK

1. Rechtmäßigkeit des Bescheids

  1. Rechtsgrundlage

  2. Formelle Rechtmäßigkeit

  3. Materielle Rechtmäßigkeit

2. Subjektive Rechtsverletzung des Kläger


E. Literaturnachweise

BeckOK VwGO § 113

https://examensgerecht.de/hausverbot/

 

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